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Herausgabe der Schriften des Johannes von Damaskus

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Kurze Chronik der Herausgabe der Schriften des Johannes von Damaskos

Als P. Bonifatius Kotter, Mönch des oberbayerischen Benediktinerklosters Scheyern (etwa 50 km nördlich von München) im Jahr 1969 den ersten von insgesamt fünf von ihm besorgten Bänden der Edition der Schriften des Johannes von Damaskos vorlegen konnte, hatte das Editionsprojekt eine bereits 30-jährige bewegte Geschichte hinter sich.

Das seit dem 19. Jahrhundert im Kloster Scheyern angesiedelte humanistische Progymnasium (es endete nach der 10. Klasse) wurde 1940 von der nationalsozialistischen Regierung zwangsweise endgültig geschlossen, nachdem es bereits seit 1938 zurückgebaut wurde, wodurch drei der dort bislang lehrenden Philologen sich nach einer neuen beruflichen Aufgabe umsehen mussten:

  • P. Hildebrand Beck (1910–1999, nach seinem Austritt aus dem Kloster 1944 wieder Hans-Georg Beck, 1960–1975 Ordinarius für Byzantinistik an der LMU München),
  • P. Albert Siegmund (1908–1979) und
  • P. Johannes M. Hoeck (1902–1995).

Das Konventkapitel des Klosters beschloss deshalb 1939, sich verstärkt der Förderung der ostkirchlichen Studien zu widmen und gründete zu diesem Zweck das Byzantinische Institut der Abtei Scheyern.

Die frühen Jahre

Albert Ehrhard (1862–1940), emeritierter Kirchengeschichtler an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und intimer Kenner der byzantinischen theologischen Literatur, beriet die Scheyerer Mönche im Hinblick auf einen Arbeitsschwerpunkt und legte ihnen die kritische Edition der Prosaschriften des Johannes von Damaskos nahe. Ehrhards baldiger Tod entzog der Johannes-Damaskenos-Forschung des gerade gegründeten Instituts allerdings sogleich einen ihrer drei Scheyerer Mitarbeiter.

P. Hildebrand Beck übernahm die Neubearbeitung von Ehrhards Darstellung der theologischen Literatur der Byzantiner, die als Teil der byzantinischen Literaturgeschichte von K. Krumbacher (21897) erschienen war. Wenig später trat er aus dem Orden aus. Dennoch konnte das Byzantinische Institut in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs und den ersten Nachkriegsjahren eine beachtliche Grundlage für die kommende Editionsarbeit an den Schriften des Johannes von Damaskos legen, die im Aufbau einer circa 5000-bändigen Fachbibliothek und dem Erwerb von circa 15.000 Handschriftenfotos sowie in umfangreichen Vorstudien bestand.

P. Johannes M. Hoeck beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit der griechischen handschriftlichen Überlieferung, P. Albert Siegmund mit der lateinischen Überlieferung.
Als externe Mitarbeiter konnten gewonnen werden:

  • der Orientalist Georg Graf (1875–1955), der sich der arabischen Überlieferung widmete, und
  • der Historiker und Byzantinist Georg Stadtmüller (1909–1985), der die Wirkungsgeschichte des Johannes von Damaskos untersuchte.

Nachkriegszeit

Schließlich bescherte das Kriegsende dem Byzantinischen Institut der Abtei Scheyern noch kurzzeitig einen weiteren, wenn auch unfreiwilligen Mitarbeiter: Franz Dölger (1891–1968), seit 1931 Ordinarius für Byzantinistik an der LMU München und Lehrer von P. Johannes M. Hoeck, wurde 1946 wegen seiner ungeklärten Nähe zum NS-Regime für anderthalb Jahre aus dem Staatsdienst entlassen und auf der Suche nach einer neuen Tätigkeit in Scheyern mit offenen Armen empfangen.[1]

Dölger unterstützte die Scheyerer Johannes-Damaszenus-Forschung durch das Anlegen eines Wortindexes der zweifelsfrei echten Schriften und versuchte auf der Basis dieses sprachstatistischen Materials die Echtheit weiterer unter dem Namen des Johannes von Damaskos überlieferter Werke zu klären. Die Arbeitsergebnisse dieser Anfangsphase der Scheyerer Institutsarbeit wurden der wissenschaftlichen Öffentlichkeit in zwei programmatischen Publikationen vorgestellt: Franz Dölger veröffentlichte 1950 den bereits 1948 verfassten Aufsatz Die Johannes-Damaskenos-Ausgabe des Byzantinischen Instituts Scheyern (Byzantion 20 [1950] 303–314), P. Johannes M. Hoeck 1951 den Grundlagenartikel Stand und Aufgaben der Damaskenos-Forschung (Orientalia Christiana Periodica 17 [1951] 5–60).

Die Editionsarbeit von P. Bonifatius Kotter

Das Jahr 1951 brachte allerdings mit der Wahl von P. Johannes M. Hoeck zum Abt der Benediktinerabtei Ettal die Arbeit am Byzantinischen Institut der Abtei Scheyern schon beinahe wieder zum Erliegen, da nun auch der zweite Byzantinist aus der ursprünglich dreiköpfigen Institutsbesetzung seinen Dienst quittieren musste. Da die Abtei über keinen weiteren einschlägig ausgebildeten Philologen verfügte, der die ja erst noch anstehende Editionsarbeit würde schultern können, half nur das Mittel der Nachschulung: P. Bonifatius Kotter (1912–1987) wurde, schon fast 40jährig, zum Studium der Byzantinistik zu Franz Dölger nach München geschickt, der 1947, in einem Spruchkammerverfahren als sogenannter „Minderbelasteter“ eingestuft, wieder auf seine Professur zurückgekehrt war.

Von Dölger wurde Kotter 1956 mit einer Arbeit über die handschriftliche Überlieferung der Schrift „Quelle der Erkenntnis“ (Πηγὴ γνώσεως) promoviert. Zurück in Scheyern erarbeitete Kotter in den folgenden 30 Jahren bis zu seinem Tod als einziger aktiver Mitarbeiter des Byzantinischen Instituts – wenngleich mit Unterstützung einer Hilfskraft – die ersten fünf Bände der Schriften des Johannes von Damaskos. Zwar war P. Johannes M. Hoeck bereits 1961 wieder als Abt nach Scheyern zurückgekehrt und hatte die Leitung des Byzantinischen Instituts übernommen, doch konnte er sich aufgrund seiner Pflichten als Abt nicht mehr an der täglichen Institutsarbeit beteiligen. Ebenfalls 1961 wurde das Johannes-Damaszenus-Projekt in das Programm der Patristischen Kommission der westdeutschen Akademien der Wissenschaften aufgenommen.

Anbindung an die Bayerische Akademie der Wissenschaften

Seit 1980 ist seine Finanzierung durch das Akademienprogramm der Union der Akademien der Bundesrepublik Deutschland sichergestellt. Die damit einhergehende Anbindung des Projektes an die Bayerische Akademie der Wissenschaften wurde 1982 durch die Gründung der „Arbeitsstelle München der Patristischen Kommission der Akademien der Wissenschaften“ institutionalisiert, die Ernst Vogt (1930–2017), Professor für Griechische Philologie an der LMU München, bis ins Jahr 2011 leitete.

Von Kotters Tod bis in die Gegenwart

Nach fast 30jähriger Editionsarbeit und der Publikation der ersten fünf Bände der Schriften des Johannes von Damaskos verstarb P. Bonifatius Kotter 1987.[2] Da das Kloster zu diesem Zeitpunkt schon lange keinen wissenschaftlichen Nachwuchs mehr hervorgebracht hatte, musste für die Weiterführung der Editionsarbeiten ein neuer Mitarbeiter von außen gefunden werden, was noch im selben Jahr mit dem Byzantinisten Robert Volk gelang, der die bereits von Kotter begonnenen Arbeiten am griechischen Barlaam-Roman, der unter dem Namen des Johannes von Damaskos überliefert ist, fortsetzte und dessen Edition in den Jahren 2006 und 2009 als Band VI/1 und VI/2 der Schriften des Johannes von Damaskos veröffentlichen konnte. 2013 folgte der Band VII mit dem Pauluskommentar des Johannes von Damaskos, seither werden die griechischen Viten über Johannes von Damaskos ediert, die als Band X erscheinen sollen.

Kommission für gräzistische und byzantinistische Studien

Noch bis ins Jahr 2008 waren weiterhin die Räume des Byzantinischen Instituts in Scheyern als Arbeitsort in Gebrauch, dann konnte im Stammgebäude der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in der Münchener Residenz Raum für die weitere Projektarbeit geschaffen werden. 2011 übernahm Martin Hose, Professor für Griechische Philologie an der LMU München, die Projektleitung unter dem Dach der neugegründeten Kommission für gräzistische und byzantinistische Studien von Ernst Vogt, im selben Jahr erhielt das Projekt einen zweiten Mitarbeiter, den Gräzisten Tobias Thum, der in Kooperation mit José Declerck den Band VIII der Schriften des Johannes von Damaskos, die unter dessen Namen überlieferten Sacra ediert. Von 2012 bis 2018 war die Theologin und Arabistin Dipl. theol. Eva Ambros M.A. im Projekt tätig und bereitete die Edition der arabischen Vita des Johannes von Damaskos vor, die ebenfalls im Band X erscheinen wird.


Weiterführende Literatur

[1] Über die Einzelheiten informiert M. Hose, Franz Dölger (1891–1968). Ein Leben für die byzantinische Diplomatik, in: D. Willoweit unter Mitarbeit von E. Latzin (Hrsg.), Denker, Forscher und Entdecker. Eine Geschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in historischen Portraits, München 2009, 305–321.

[2] Eine Würdigung seines Lebenswerkes gibt E. Vogt als Vorwort in: Die Schriften des Johannes von Damaskos, herausgegeben vom Byzantinischen Institut der Abtei Scheyern. V: Opera homiletica et hagiographica, besorgt von P. Bonifatius Kotter O.S.B., Berlin/New York 1987, V–VI.